S‘ Häusl und s´Kuchlschaffl

S‘ Häusl und s´Kuchlschaffl.

Ein besonders geeigneter Platz war unter einer Stiege, die auf der Unterseite mit einer Holzschalung versehen und zugleich ein Dach für das „Häusl“ war. Für den Lichteinfall zum Lesen und zur Orientierung wurde meist ein Herz mit Sorgfalt in die Türe geschnitten. Im Winter, wenn es sehr kalt und stürmisch war, war der Gang auf das WC für die Kinder oft ein Problem. Darum „installierte“ so mancher Hausbesitzer der Einfachheit halber in der schwarzen „Kuchl“ das sogenannte „Kuchlschaffl“. Das war ein großer Holzbehälter mit einer Sitzgelegenheit. Das „Schaffl“ hatte zwei längeren Taufeln, die mit je einem Loch versehen waren. Durch diese wurde zum Abtransport eine Holzstange geschoben und der Inhalt oft auf das „Krautland“ (Gemüseacker) gebracht. So wurde der Naturkreislauf geschlossen.

Papier für das WC gab es natürlich nicht zu kaufen. So wartete man mit Sehnsucht auf das „Linzer Kirchenblatt“ und die „Mühlviertler Nachrichten“, die einzigen Zeitungen der damaligen Zeit, die auch bei einem längeren Aufenthalt auf dem WC für Lesestoff und für Klopapier sorgten. Ich erinnere mich an einen alten Mann in unserer Ortschaft, der keine Zeitungen bezog. Er hatte einen Behälter mit etwas Wasser, in dem Tannenzapfen gelagert waren, in dem WC. Diese dienten dem selben Zweck wie die „Mühlviertler Nachrichten“. Das Wasser war dazu da, damit die Tannenzapfen sich nicht öffneten. In der heutigen Zeit kann man sich diese Zustände nicht mehr vorstellen, damals war das die Normalität.

Kerschbaum
1950
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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