Schnittern auf unserem Bauerngut in Apfoltern

Schnittern auf unserem Bauerngut in Apfoltern.

Mitte der fünfziger Jahre zum Beginn der Schnitterzeit (Mitte bis Ende Juli) saßen die Bauern aus Apfoltern am Sonntag Abend gerne beim Dorfwirt Weißengruber. Man erzählte sich vieles, was sich so in der vergangenen Woche ereignet hatte und was man in der kommenden Woche alles vor habe. Mein Vater erzählte auch, dass er am nächsten Tag mit dem Kornschneiden beginnen möchte, wenn es die Witterung erlaube. Unser Nachbar Gloisner, der gerne im Wirtshaus „aufschnitt“ (angab), saß auch in dieser Runde. Als mein Vater einmal austreten (aufs WC gehen) musste, sagte Gloisner zu den anderen: „Der Döberl muss schon schnittern, weil er kein Stroh mehr hat.“

Als wir Montag Nachmittag zeitig aufs Feld gingen, siehe da, war auch Gloisner mit seinem Gesinde am Feld um zu schnittern. Wir begrüßten uns und Gloisner fragte meinen Vater: „Gehst du auch schnittern?“ Mein Vater, der von des Nachbarn Wirtshausmeinung aus dem Vortag erfahren hatte, war nicht verlegen und sagte zu ihm: „Wir müssen, weil wir kein Stroh mehr haben.“ Gloisner bekam einen roten Kopf und war schmähstad.

14 Tage nach Ferienbeginn begann meist die Schnitterzeit. Die Schnitterzeit dauerte bei schönem Wetter oft eine ganze Woche. Alles musste in den Fünfzigerjahren händisch gemacht werden, da sich nur die Landwirte einige Jahre nach dem Krieg kaum Maschinen leisten konnten. Die Männer schnitten das Korn mit der Sense und die Frauen legten das Kornstroh mit der Sichel auf ein gedrehtes Kornband. Wir Kinder mussten dann die Garben fest zusammenbinden und zu einer Zeile zusammentragen. Zum Schluss wurden die Garben zu einem Kornmandl aufgestellt. Man brauchte dazu neun, in manchen Gegenden mit einem Hut darauf, zehn Strohgarben. Man achtete genau darauf, dass die letzte Garbe außer dem Hut auf der Wetterseite (Westseite) beigestellt wurde. Eine Woche nach dem Schnittern bei schönem Wetter wurde das Getreide dann in die Scheune gebracht und wir Kinder mussten die Garben mit einer zweizinkigen Gabel weiterschupfen bis zu jener Person, die die Garben in der Es zu einem Kornstock zusammenlegte. Das später gereifte Korn, meist nach einem Klee- oder Kartoffelanbau, war im Halm und in der Ähre besonders schön und wurde als letztes geschnitten.

Wir Bauernkinder konnten uns auf die Ferien nicht besonders freuen, da uns die Eltern immer zur leichteren Arbeit brauchten. Wir hatten von den Sommerferien nicht sehr viel.

Apfoltern
1952
Fotos
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Schnittern beim Gusner (Fleischanderl) in Dreißgen - Fotoleihgeber: Erwin Summerauer, Hugo-Wolf-Straße 16, 4020 Linz
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Schnittern beim Leitner in Summerau - Bildleihgeber: Leitner Josef, Summerau Unterort 14, 4261 Rainbach i. M.
Verfasser

Robert Reindl (geb.1943), Sonnberg 16, 4240 Freistadt

Info

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