Unterführung der Bahn in Summerau.
Vor Trassierung der Pferdeeisenbahn um 1830 hatten die Bauern im Bereich der Ortschaft Summerau siebzehn durchgängige Feldwege von den Höfen zu ihren Außengründen. Nach Ausbau für die Dampfeisenbahn verblieben, bis zur Elektrifizierung der Strecke Linz-Summerau in den 1970er Jahren, davon neun beschrankte Bahnübergänge und eine Straßenbrücke beim „Saminger“. Danach konnten Summerauer den Eisenbahnstrang nur noch auf der alten „Saminger-Brücke“, auf der neuen Eibensteinerbrücke und auf den beiden Bahnübergängen „Handlbauer“ und „Lonsing“ queren. Da sich diese beiden beschrankten Übergänge am jeweils westlichen und östlichen Ende des Bahnhofes befanden, waren durch das große Verkehrsaufkommen auf der Bahn und die damit verbundenen Verschubarbeiten Tag und Nacht, die Zeitfenster mit geöffneten Schranken sehr klein.
Deshalb wissen fahrberechtigte Bauern und Anrainer vom Pirauberg über ihre regelmäßige Benützung dieser zwei Gleisübergänge viel zu erzählen: Da hieß es meist geduldig warten, bis der Stellwerker die Schranken öffnete und mit dem Fuhrwerk oder Auto über die Gleise gefahren werden konnte. Eine sehr nervenaufreibende Situation, wenn bei der Ernteeinbringung schlechtes Wetter anstand oder sonst Eile geboten war. Zum Glück agierten da die meisten Stellwerker sehr konstruktiv und fanden oft doch ein Zeitfenster zum kurzzeitigen Öffnen der Schranken. Dies machte die Benützung der beiden Übergänge dann auch halbwegs erträglich. Eine besondere Herausforderung waren hier immer wieder die Viehtriebe auf Herbstweiden nördlich der Bahnlinie. Trieb man dabei die Rinder vom Dorf Richtung „Handlbauer Übersetz“ hinunter und es war plötzlich das Glockensignal der sich schließenden Schranken zu hören, dann verblieb wenig Zeit, vor zu laufen und die Tiere vom Begehen der Gleisanlage abzuhalten. Danach hieß es die Herde vor den geschlossenen Schranken ruhig zu halten, bis der Übergang wieder freigegeben wurde. Auch dabei war eine gute Zusammenarbeit mit dem Stellwerker sehr wichtig.
Der damalige Fahrdienstleiter Hubert Lonsing informierte in den 1990er Jahren seinen Nachbar und Gemeinderat Johann Rudlstorfer davon, dass die ÖBB beabsichtigte die Strecke Linz-Summerau zu automatisieren. Damit würden die für die Schranken zuständigen Stellwerke aufgelassen und die Bahnübergänge zentral gesteuert werden. Dadurch käme es auf jeden Fall wieder zu längeren Wartezeiten, beziehungsweise gab es die Überlegung, die Übergänge ganz aufzulassen. In Folge arbeiteten die betroffenen Grundanrainer und Fahrberechtigten zwei Ersatzvarianten für die wegfallenden Bahnübergänge aus und stellten diese vor. Eine Variante basierte auf zwei Überführungen in Form von Brücken, je eine am westlichen und östlichen Bahnhofsende. Der zweite Vorschlag war eine zentrale Unterführung westlich vom Lagerhaus. Beide Varianten hatten natürlich ihre Befürworter und Gegner. Schlussendlich entschied sich die Mehrheit der Bauern für den Vorschlag der zentralen Unterführung. Diesen hat dann auch Johann Rudlstorfer im Gemeinderat vorgestellt und hier auch unterstützt. Danach stellte eine für dieses Projekt gebildete Arbeitsgruppe diesen Vorschlag auch bei der Landesregierung Oberösterreich und bei den Österreichischen Bundesbahnen vor. Aber vor allem die Zusage der Grundanrainer und Fahrberechtigten, bei einem Bau der Unterführung auf ihre Fahrtrechte bei den beiden Bahnübergängen zu verzichten, führte nach bereits drei Monaten zum Beschluss, die Unterführung gemeinsam zu errichten. Ein Beispiel für eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde Rainbach mit Bürgermeister Franz Schimpl, den betroffenen Bauern und Fahrberechtigten, dem Land Oberösterreich und der ÖBB, hier vertreten durch Bahnvorstand Alois Hager.
Im Mai 1999 erfolgte dann der Spatenstich für das Großprojekt Unterführung Bahnhof Summerau und bereits nach einem halben Jahr konnte am 16. Oktober 1999 das „Jahrhundertprojekt“ mit 400 bis 500 Gästen feierlich eröffnet werden.
Als ausführende Firmen zeichneten die Firma Porr für den Tunnelbau und die Firma Schaumberger für den zugehörigen Straßenbau. Für dieses 75 Meter lange, 6,5 Meter breite und 5 Meter hohe Unterführungsbauwerk waren etwa 20.000 Kubikmeter Erde zu bewegen und 2.400 Kubikmeter Beton (ungefähr 400 Fuhren) mit zirka 205 Tonnen Eisen sind verbaut worden. Die Gesamtkosten beliefen sich auf etwa 24 Millionen Schilling (13 Millionen ÖBB, 3 Millionen Gemeinde und 8 Millionen Land OÖ.). Erwähnenswert ist noch, dass man die einzelnen Tunnelsegmente im Vorfeld des Tunnels, fertig betonierte und danach, so vorgefertigt, in den Tunnelstrang einschob und dass das Bauvorhaben bei Vollbetrieb des Bahnhofes realisiert wurde. Auch das war von den Ausführenden für den Bahnbetrieb eine herausragende Leistung. Es musste ja bei etwa 15.000 monatlich durchlaufenden Waggons im Baustellenbereich der Strom der Oberleitungen aus Sicherheitsgründen abgeschaltet sein. Das heißt, dass der Verschub und sogar ganze Züge mit dem Schwung aus ihrer Fahrgeschwindigkeit über diese stromlosen Schienenbereiche rollen und dann dennoch rechtzeitig und richtig zum Stehen kommen mussten.
Die Unterführung am Bahnhof Summerau ist ein gemeinschaftliches „Jahrhundertprojekt“. Mit ganz wenigen Ausnahmen, zum Beispiel dem Jahrhunderthochwasser 2002 und im Jahr 2024, bei dem die Unterführung geflutet wurde, stand sie den Anrainern immer zur vollen Zufriedenheit zur Verfügung. Und das ist wichtig, denn Summerau hat nur mehr zwei Stellen, an denen der Gleisstrang überquert werden kann: die „Eibensteinerbrücke“ und eben diese Eisenbahnunterführung am Bahnhof.
Mehrere Veranstaltungen zeugen von der Akzeptanz dieses Bauwerkes in der Bevölkerung: Im August 2006 verschönerten „Die Kinderfreunde“ die noch kahlen Tunnelwände mit bunter „Kinderkunst im Summerauer Tunnel“. Am 16.Oktober 2019 gab es unter Organisation von Jürgen Pröll und Teilnahme von Bürgermeister Fritz Stockinger eine kleine, aber gut besuchte Feier „20 Jahre Unterführung Bahnhof Summerau“. Am 27. Oktober 2024 luden Christian Gebauer und Johann Rudlstorfer zur Feier „25 Jahre Tunnel Summerau“ ein. Eine ebenfalls gelungene Veranstaltung mit Teilnahme der Bürgermeister Schimpl, Stockinger, Lorenz und der am Projekt Beteiligten bei der ÖBB, sowie den betroffenen Bauern und Anrainern.
Quellen:
Gespräche mit Alois Hager – Summerau, Hubert Lonsing – Summerau, Johann Rudlstorfer – Summerau, Franz Schimpl – Rainbach und Mitschrift von Ignaz Kralik - Summerau
Fotos

Verfasser
Ing. Johann Lonsing,
Summerau Mitte 23, 4261 Rainbach i. M.
Info
Wir ersuchen um Ihre Mithilfe:
Bitte überlegen Sie, ob Sie nicht auch ein interessantes Gebäude oder Bauwerk wissen, das Geschichte(n) erzählt. Vielleicht ist es gar Ihr Haus, in dem Sie wohnen. Wenn ja, dann bitte per WhatsApp mit dem Obmann Johann Lonsing 068181326125 oder dem Obmann-Stellvertreter Helmut Knogler 06802167484 Kontakt aufnehmen oder diesen anrufen.