Ende des 2. Weltkrieges in Kerschbaum

Ende des 2. Weltkrieges in Kerschbaum.

Im Frühjahr 1945 kam das katastrophale Ende des zweiten Weltkrieges: Unendliches Flüchtlingselend, täglich Angst und Überfälle von Russen, KZlern und herumziehenden Soldaten. Allzu viele Chaoten hatten sich Waffen angeeignet und bedrohten die Einheimischen. Es gab überall Angst, Terror und Hektik - ein elendes Chaos! Dabei hatten wir sehr gehofft, wenn die Amerikaner als erste kämen, würde alles bald besser werden. Am 6. Mai 1945 kamen die Amerikaner aus Richtung Oberhaid nach Kerschbaum. Von ihren Jeeps feuerten sie einige Warnschüsse ins Dorf. Es traf den neunjährigen Alois Jobst tödlich - ein Schreck für uns alle, denn man wollte die Amerikaner mit weißer Flagge willkommen heißen. Sie fuhren durch den Ort und nahmen einige Soldaten gleich mit. Die Besatzungsmächte (sowohl Amerikaner, aber besonders die Russen) handelten oft „grauslich“ und ließen uns ihre Brutalität spüren: Sie zündeten Häuser an, stahlen Pferde und alles, was für sie „brauchbar“ schien, ... Am 8. Mai 1945 war der Krieg offiziell zu Ende, aber Not, Elend und Chaos wurden jetzt erst recht erkennbar. Es gab unzählige Flüchtlinge, die nicht mehr weiterkamen. Ein provisorisches Lager entstand zwischen Kerschbaum und Deutsch Hörschlag. Viele irrten umher. Es wurde geplündert, gestohlen, geschossen, so dass man nirgends mehr sicher war. Unser Haus wurde von zirka 20 Amerikanern besetzt und wir mussten beim Jank (Stumbauer) und Zeindlinger Unterschlupf suchen.

Die Besatzungssoldaten wüteten grauslich in unserem Haus (Kerschbaum 37 - Friesenecker - "Oberer Kapeller"). Einige hatten sich besoffen und einer hat sich mit einer deutschen Pistole erschossen. Er trug gestohlene Schuhe. Seine Kameraden warfen ihn einfach in das nächste Schützenloch. Sie stahlen alles, was ihnen nützlich schien- auch Geld, Geschirr und Wäsche,... Hinter der Scheune machten sie ein riesiges Feuer, sodass wir Angst hatten, unser Haus könnte in Brand geraten. Aus lauter Übermut veranstalteten die Amerikaner wilde Autorennen. Sie fuhren mit Vollgas in ihren Jeeps wild über unseren Berg hinauf und auf dem Kleefeld entstand nach dauerndem Herumrasen bald eine Rennbahn, die wie eine feste Betonpiste aussah. Wir hatten schon gedacht: Darauf wächst nie mehr etwas. Bei unserer Bodenstiege wollten sie einen Stier erschießen. Er wurde nicht ganz getroffen, riss sich los und rannte noch ins Dorf. Dort wurde er getötet. Nach dem Abzug der Amerikaner kamen die Russen und andere unberechenbare Chaoten, stahlen, was sie fanden, luden Schweine auf Lastwagen. Obwohl Alois energisch protestierte, nahm ein Russe auch unser gutes Pferd mit. Es war eine schreckliche Zeit zwischen Hoffen und Bangen. Zunächst war die Prager Bundesstraße die Demarkationslinie, doch die Amerikaner zogen sich nach einiger Zeit zurück an die Bahnlinie und zuletzt war das ganze Mühlviertel russisches Besatzungsgebiet.

Kerschbaum
1945
Verfasser

Katharina Stimmeder (geb.1935), Siveringer Straße 53, 1190 Wien

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