Der Weg zur Schule – die tägliche Turnstunde von damals

Der Weg zur Schule – die tägliche Turnstunde von damals.

Im Herbst 1955 begann meine Volksschulzeit. Da ich nicht im Schulort Rainbach i. M., sondern in Summerau nördlich des Bahnhofes wohnte, musste ich ab dieser Zeit an Schultagen zu Fuß in die Schule gehen. Eine Viertel Stunde vor sieben Uhr in der Früh marschierte ich mit einer blauen Lederschultasche am Rücken von zu Hause los. Bei einem Bahnschranken überquerte ich die Gleise der Summerauer-Bahn, damit ich die Wohnungen meiner Schulkameraden erreichte, die dort in der ehemaligen Barackensiedlung für Eisenbahner wohnten. Um sieben Uhr ging ich dann mit einer Schar anderer Kinder auf einem Fahrweg südlich des Bahnhofes Summerau. wo sich noch ein paar Kinder zu uns gesellten, vorbei am Bahnwächterhaus Nr. 721. (Dort wohnte die Familie Lonsing.) Etwa 60 m nach dem Wachthaus überquerten wir das Gleisdreieck, das den Dampflokomotiven zum Umkehren diente. Der Weg führte parallel zur heutigen Bahnstrecke, jedoch war nördlich dazwischen das Gleisdreieck und ein Gleis, auf dem Dampflokomotiven standen, die hier die Schlacke der Kohlen in eine Grube zwischen den Schienensträngen abluden. Ein Eisenbahner schaufelte diese Schlacke wieder aus der Grube. Sie war damals sehr begehrt als Schotterersatz für Wege. Hier hielten wir uns oftmals auf dem Schulheimweg auf und sprachen mit dem Arbeiter oder schauten uns die Lokomotiven ganz genau an. Manchmal durften wir auch in die Lokomotive hineinklettern, was uns große Freude bereitete. In der Früh hatten wir dafür keine Zeit. Schnell gings über das östliche Gleis des Gleisdreieckes und über saure nasse Wiesen, durch die ein Bächlein floss, über das eine Brücke aus zwei großen Steinen führte.
Dieses Gebiet war oft nach einer längeren Regenzeit überschwemmt, dass das Wasser so hoch stand, dass es bei kleineren Gummistiefeln oben hinein floss. Damit dies nicht passierte, trugen die größeren Schüler die kleineren über diese Wegstrecke. Nördlich, in geringem Abstand zum Mühlholz (nördlich vom Bauernhaus „Scherb“), führte dann ein ausgetretener Steig weiter. Ein kleines Bächlein, das hier in eine größere Vertiefung stürzte, musste durch „Drüberspringen“ überquert werden. Das Wasser war damals so sauber, dass wir es im Sommer zur Erfrischung ohne Bedenken trinken konnten. Die Vertiefung im Bachbett war entstanden, weil an dieser Stelle Lehm ausgegraben wurde. Unser Schulweg führte weiter als Steig zwischen Wiesen und Feldern des „Lipplpeter-Bauern '“ genau in Richtung Osten. Bevor es weiter einen Hang hinunter ging, war südlich hinter einer Sträuchergruppe ein größerer Steinfelsen, den wir „Teufelsfelsen“ nannten. Hier stand auch ein Holzbankerl. So mancher von uns Schülern hatte hier am Heimweg die Strafaufgabe geschrieben, damit die Eltern davon nichts erfuhren. In der anschließenden Senke verlief der Weg hinter dem Gregernhansl-Bühel (Kranklau) auf einem Wirtschaftsweg des Gregernhansl. An der Stelle, wo sich dieser Weg nach Süden wendet, führte der ausgetretene Steig jedoch direkt nach Osten in Richtung Kirche bergauf und durch mehrere Durchgangsgatter bis zum Seuler-Bauernhaus. Hier gingen wir nördlich hinter den Häusern bis zum Bauernhaus Röbl, vulgo Schöllhammer. Ein Baum mit sehr guten Birnen verführte uns so manches Mal zum unerlaubten Essen dieser Früchte. Beim Schöllhammer gingen wir östlich am Haus vorbei und dann auf der Straße zur Schule. Wenn es im Winter schneite, gingen die größeren Schüler vorne und traten einen Steig aus, auf dem wir dann nachstapften. Bei sehr viel Schnee, benutzten wir den beschriebenen Schulsteig nicht, sondern gingen auf der Straße heim, was jedoch länger war. Bei sehr viel Schnee holten uns auch manchmal die Eltern von Bauernkindern mit einem von Pferden gezogenen Schlitten ab. Damals hatten wir Kinder genug Bewegung durch jeweils eine Stunde Gehen auf dem Hin- und Heimweg. Die oft auf diesem Weg stattgefunden Streitigkeiten lehrten uns Konfliktbewältigung. Auch so manche Freundschaft wurde hier geknüpft. Nicht immer freute uns das Gehen, aber die meiste Zeit war der Schulweg etwas Lustiges.

Summerau
1955
Verfasser

Helmut Knogler (geb. 1949),
Labacher Straße 9,
4261 Rainbach i.M.

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