Der stilgewandte Pfarrchronist

Der stilgewandte Pfarrchronist.

Josef Schönbaß wurde am 30. August 1848 in Vornbuch bei Vöcklabruck geboren. 1871 wurde Schönbaß von Bischof Rudigier zum Priester geweiht. Er wirkte mehrere Jahre als Kooperator in Ungenach, Pöndorf und Ottnang. Von Ottnang kam er nach dem plötzlichen Tod von Pfarrer Johann Praschak (der am 23. November 1884 auf der Heimfahrt von Freistadt nach Rainbach auf der Bundesstraße vor Apfoltern – Abzweigung Dreißgen einen Schlaganfall erlitt) als Provisor nach Rainbach. Im darauffolgenden Jahr 1885 wurde Schönbaß Pfarrer und blieb es 35 Jahre lang bis zu seinem Tod am 15. Mai 1920. Der Nachwelt hat Pfarrer Schönbaß in der Pfarrchronik, die er 1885 zu schreiben begann, Köstliches hinterlassen. Der stilgewandte Chronist verstand es meisterhaft, mit feinem Humor, kleine Episoden, aber auch die Schwächen seiner Pfarrkinder aufzuzeigen. Einige Kostproben aus seiner Chronik:

a) Pfarrstatistik 1889: „Neugierige gab`s viele. 65 kleine Weltbürger traten ein ins Erdenleben, begierig zu erfahren, wie es hier geht. Darum 7 Mädchen mehr als Knaben – wenn auch keine Eva heißt, 4 warteten nicht einmal auf Erlaubnis eines rechtmäßigen Vaters – 10 Paare waren neugierig, wie es im Ehestande zugeht und 36, darunter 15 Kinder, wissen nun schon, wie es im Jenseits aussieht.“ (2)

b) Tod des Moses Fischl (Jude) (1890): „Moses Fischl, ein wahrer Israelit, an dem kein Falsch war, segnete das Zeitliche, nachdem er etwa 30 Jahre im Maurerwirtshause sein Geschäft als Krämer gemacht. Bei seinem Begräbnisse am 6. Februar 1890, hielt der Tempeldiener eine lebhafte Dankesrede am Platze für die Ehre der Leichenbegleitung und beim „Bauern“, heroben bei der Kirche, wurde auf den Wägen Platz genommen und im „Trab“ ging`s nach Rosenberg zur letzten Ruhestätte. Fischl machte kein Geschäft während unseres Gottesdienstes. Als einst ein Knecht kam, um altes Silbergeld auszuwechseln, schickte er ihn ins „Amt“ (= Gottesdienst) und nach demselben war schon der gerufene Gendarm da, um den Dieb festzunehmen. Fischl war in seinem Glauben und in den Vorschriften desselben streng orthodox.“ (3)
Anmerkung des Verfassers: Sein Sohn Heinrich Fischl führte das kleine, damals offensichtlich einzige Kaufgeschäft nach dem Tod seines Vaters weiter. Heinrich Fischl war auch Gründungsmitglied der Freiw. Feuerwehr Rainbach im Jahre 1894 und erhielt den Ausweis Nr. 3. Bei der Gründungsversammlung wurde Fischl als Schriftführer und Kassier gewählt.

c) Neue Orgel (1890):
„Am 14. April 1890 begann Orgelbauer Johann Lachmayer von Urfahr mit der Abtragung des Richterischen Dreiviertelwerkes aus dem Jahr 1775 und mit der Aufstellung seiner Orgel, im entsprechenden gotischen Gehäuse. Am 1. Mai fand die kirchliche Weihe derselben statt. Zuvor hielt Dechant Bauer aus Freistadt eine recht instruktive Predigt vor der versammelten Pfarrgemeinde. Domorganist Karl Waldeck von Linz prüfte die Orgel im einstündigen Spiele eingehend und gab ein äußerst günstiges Urteil über Lachmayer`s Werk ab.“ (4)

d) Volkszählung (1891):
„1891 beträgt die Zahl der Pfarrholden 2.303, 14 Tschechen sind miteingerechnet, die der deutschen Sprache nicht recht mächtig sind. Nach 20 Jahren, 1911, besitzt Rainbach 365 Häuser, es können somit die 2.397 Pfarrholden täglich in einem anderen Haus wohnen. Da sie aber keine grausamen Sultane oder Tyrannen sind, so bleiben sie stabil in ihren Häusern.“ (5)

e) Erster Arzt in Rainbach (1900):
„Am 8. März 1900 starb in Offenhausen Herr Dr. Ernst Stolz, ehemals Arzt allhier. Da ihm die engherzige Gemeindevertretung mit dessen Freund Ferster als Vorstand ein „Fleckerl“ Gemeindegrund zum Bau eines Hauses versagte, zog er von dannen und nahm von Rainbach nur die Schwabenmüllertochter Aloisia Umbauer als angetraute Ehehälfte mit. Seither große Misere; kein stabiler Arzt mehr im Ort.“ (6)

f) Die Sensation (1901):
„Ein Weltereignis! Das erstemal fuhr am 12. Juni 1901 ein Automobil in Rainbach durch in Richtung Böhmen.“ (7)

g) Tierzählung (1901):
„Die politische Gemeinde Rainbach, also Eibenstein und Stiftung ein- und Stadln mit Paßberg ausgeschaltet, kann sich etwas zugute tun, was auch wünschenswert, dass sie im Jahre 1901 keinen Esel, Maulesel und Büffel zählt. Hingegen: 85 Pferde, 48 Stiere, 973 Kühe, 801 Ochsen, 508 Jungtiere, 41 Schafe, 139 Ziegen, 1385 Schweine und 124 Bienenstöcke zu besitzen, würde so manche Gemeinde glücklich schätzen.“ (8)
Anmerkung des Verfassers: Stadln und Unterpaßberg gehörten bis Jänner 1776 zur Pfarre Grünbach. Trotz heftigem Widerstand, vor allem von Seiten des dortigen Schulmeisters, der um die an ihn zu leistenden Abgaben, wie Korn, Hafer, Eier und „Haar“ = Flachs starb, wurde mit 25. Jänner 1776 Stadln mit damals 4 Hausnummern und Unterpaßberg mit 14 Hausnummern von der Pfarre Grünbach der Pfarre Rainbach zugesprochen. Gemeindepolitisch wurde von Stadln und Unterpaßberg 1946 bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wegen der großen Entfernung zu Grünbach der Antrag auf Umgemeindung von Grünbach nach Rainbach gestellt. Trotz des negativen Gemeinderatsbeschlusses von Grünbach wurde mit Beschluss der o.ö. Landesregierung vom 19. Jänner 1948 die Zustimmung zur Abtretung der Ortschaft Stadln im Gesamtausmaß von 95 ha 97 ar und 10 m² aus dem Gemeindegebiet Grünbach und die Einverleibung in die Gemeinde Rainbach beschlossen. Die Grenzänderung trat rückwirkend mit 1. Jänner 1948 in Kraft. Die Ortschaft Unterpaßberg bekam einen Steg über die Feldaist nächst der Schiffmühle und verblieb bei Grünbach. (9)
Quellenverzeichnis:
(2), (3), (4) und (6) aus Pfarrchronik, 1885 – 1920, Seite 58 bis 119
(5), (7) und (8) Anton Sageder, Rainbach i. M., Bleibendes und Vergängliches aus 700 Jahren, Seite 272 und 278
(9) Hans Stöglehner, Stöglehner Chronik, 2004, Seite 169 und 172, 173

Rainbach i. M.
1885
Verfasser

Hans Stöglehner (geb.1939), Stadln 5
4261 Rainbach i. M. (gest.2021)

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