Das Rainbacher Weinhäusl und die Person Mathias Ferster

Das Rainbacher Weinhäusl und die Person Mathias Ferster.

Das sogenannte Weinhäusl mit der ehemaligen Rainbacher Hausnummer 39 (heute Prager Straße 2) wurde 1803 vom Gastwirt Affenzeller erbaut. Der nachfolgende Besitzer war der aus Wien stammende Makler Franz Ferster, der das Traxlerhaus mit den dazugehörigen Liegenschaften kaufte. Dazu gehörte auch das Weinhäusl. Ferster, der anscheinend viel Geld besaß, erwarb in Kerschbaum 21 das Preslmayer Haus und in Neumarkt das Moarwegerhaus. Beim Großbrand in Rainbach im Juli 1853 (9 Häuser sind abgebrannt) wurde der damals 67jährige Gastwirt Franz Ferster, als er noch wertvolle Güter aus seinem Haus retten wollte, selbst ein Opfer der Flammen. Man rettete ihn zwar und legte ihn zur Gartenmauer neben dem Paßberger-Steig, wo er verstarb. Heute steht an dieser Stelle ein steinernes Marterl zum Gedenken. Sein Sohn Mathias Ferster, Gastwirt wie sein Vater, übernahm die Hinterlassenschaft. Auch er war ein versierter Finanzmann. Spekulationen vermehrten seinen Wohlstand, die ihm erlaubte, oft auf Reisen zu gehen. Er war sehr gebildet und belesen, wovon Überreste seiner reichhaltigen alle Wissensgebiete umfassende Bibliothek, die bei der Renovierung des Weinhäusels auf dem Dachboden gefunden wurden, Zeugnis geben. Vermutlich fand er an den auf seinen Reisen gesehenen Arkaden Gefallen und ließ deshalb auch das Weinhäusl, das vermutlich auch zu den abgebrannten Häusern gehörte, beim Wiederaufbau damit verzieren. Was immer der Beweggrund gewesen sein mag, Stolz, Ehrgeiz oder auch nur das Bestreben, das Dorf Rainbach, dem das Marktrecht vorenthalten wurde (Bannmeile von Freistadt), aufzuwerten. Damit und durch andere Aktivitäten ist er in die Ortsgeschichte eingegangen.

Er war von 1867 bis 1885 gewählter Bürgermeister von Rainbach. Mit seinem Vorgänger, dem Bauer Franz Etz aus Rainbach 7, der zwischen 1864 bis 1867 der Gemeinde vorstand, war man mit dessen Amtsführung sehr unzufrieden. Die gemeindeamtliche Registratur war bei der Übergabe an Mathias Ferster in „höchst kläglichem Zustand“ Wegen der Unordnung im Gemeindewesen musste der Landesausschuss mehrmals eingreifen. Ferster, ein Junggeselle, konnte sich als neugewählter Bürgermeister voll und ganz den ihm gestellten Aufgaben widmen. Als versierter Finanzmann hatte er genügend Zeit, die Gemeindevorschriften gründlich zu studieren. Er brachte wieder Ordnung in die Gemeinde. Davon zeugen genau geführte Protokolle und Kassaberichte.

Durch seine sehr liberale Weltanschauung war er und eine kleine Gruppe Gleichgesinnter aus der Gemeinde bei den katholischen Amtsträgern weniger beliebt. Ihr Gegner war vor allem der Rainbacher Ortspfarrer Gottfried Fischer, der die Anliegen seines Bischofs eifrig und freimütig verfocht. Es gab in der Pfarre damals die kirchlich organisierten „Bündnisse“ für Männer, Frauen, Jungfrauen und Burschen. Für diese hielt der Pfarrer monatlich Vorträge im Vereinslokal, dem ehemaligen Tanzsaal des Gasthauses in Rainbach 33 (später das Altersheim der Schwestern und 2003 abgerissen). Weil er die Versammlung nicht jedes Mal, wie es im Vereinsgesetz vorgesehen, beim Bürgermeister anmeldete, wurde er und der Obmann des Männerbundes deswegen angezeigt und vor Gericht geladen. Der Termin vor dem Gericht war ausgerechnet der Aschermittwoch 1878 um 8 Uhr morgens. So verkündete der verteidigungsbereite Pfarrer am vorausgehenden Sonntag im vollen Gotteshaus: Er müsse am kommenden Aschermittwoch den Gottesdienst ausfallen lassen, weil er durch böswillige Leute angezeigt wurde und vor Gericht geladen sei. Solche Worte hatten Wirkung. Außerdem gab es noch eine zusätzliche Anklage gegen den Pfarrer, weil er bei einer Predigt den Hirtenbrief von Bischof Rudigier zitierte und dabei den Satz „Die Aufgabe der Neuschule ist die Entchristlichung der Kinder“ mehrmals wiederholte. Dieser kleine Kulturkampf auf Dorfebene brachte neben einem Artikel in der „Linzer Tagespost“ noch weitere Intrigen gegen den Pfarrer, sodass dieser nach Vollendung der Innenrestaurierung der Kirche im Jahre 1880 die Pfarre verließ.

Auch außerhalb der Gemeinde engagierte sich Mathias Ferster: Es wird in der Linzer Tagespost mehrmals erwähnt, dass er Wahlmann zum Oberösterreichischen Landtag war, so z.B. 1871 und 1878. Er war auch Mitglied des Bezirksschulrates Freistadt, wie im Linzer Volksblatt 1870 und 1873 berichtet wird.

Als Privatmann setzte er mit seinem Geld auch soziale Taten. Als im Jahr 1872 der Betrieb der Pferdeeisenbahn eingestellt wurde, kaufte er das Stationsgebäude in Kerschbaum privat an und vermachte es der Gemeinde mit der Auflage, ein Versorgungshaus für die Gemeindearmen daraus zu machen. Das Weinhäusl überließ er 1888 zwei Frauen, den „Barth-Weibern“, zum Wohnen, mit der Auflage, dass sie eine Suppe kochen und an die Kinder ausgeben müssten. Auch schuf er die Ferster´sche Stipendiums- und Wohltätigkeits-Stiftung. In der Linzer Tagespost vom 8.12.1900 wird berichtet, dass Anspruch darauf Söhne der Gemeinde Rainbach hatten, deren arme Eltern sich im ständigen Aufenthalt in der Gemeinde befänden, und die Bewerber eine rechtswissenschaftliche oder medizinische Fakultät, eine technische Hochschule oder eine pädagogische Lehranstalt besuchen wollen.

Als Mathias Ferster 1893 kinderlos verstarb, erbten die Tochter seiner Schwester Justine, die ebenfalls Justine hieß, und deren Mann Johann Traxler das Haus Rainbach 38, zu dem auch das Weinhäusl gehörte. Deren Urenkelin verkaufte das Traxler-Haus samt Weinhäusl 1993 an die Marktgemeinde Rainbach i.M.

1976 wurde vom Verschönerungsverein das ziemlich verfallene Weinhäusl gepachtet und in Eigenregie renoviert. Frau Wagner, die Witwe des ehemaligen Totengräbers, die aus dem Mesnerhaus in der Ortsmitte ausziehen musste, weil dieses abgerissen wurde, wohnte bis zu ihrem Tode im Jahr 1983 in diesem Gebäude.

In den Jahren 1994/95/96 wurde das „Weinhäusl“ abermals renoviert. Diesmal vom „Verein zur Förderung des Wäschepflegemuseums“ (heute Heimatverein Rainbach) in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und vielen freiwilligen Helfern und das Wäschepflege-Museum darin untergebracht, das es bis September 2007 gab.
Hier können Sie hier noch einen virtuellen Rundgang durchs ehemalige Museum machen!

2008 übernahm es der Verein „Herbstkunst“, dessen Mitglieder Hobbykünstler sind, die hier ihre Produkte ausstellen und zum Verkauf anbieten und hier auch von Zeit zu Zeit Veranstaltungen und größere Ausstellungen organisieren.

Woher der Name „Weinhäusl“ kommt, ist nicht überliefert. Vielleicht kommt er vom Wilden Wein, der sich an dem hölzernen Zubau im Süden, den es heute nicht mehr gibt, empor rankte (Ein Foto zeugt davon). Der Name kann auch aus der Zeit stammen, in der man im Keller hölzerne Fässer mit Wein lagerte, bzw. in diesem Raum mit schönem Gewölbe, welcher mit Wandbildern von Prof. Wagner aus Freistadt verschönert war, auch so manche feuchtfröhliche Runde bei Wein verbrachte.

Rainbach i. M.
1853
Fotos
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Weinhäusl um 1960 - Fotograf: ehemaliger Heimatforscher Leopold Pötscher, 4261 Rainbach i. M.
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Das Rainbacher Weinhäusl um 1996 - Fotograf: Helmut Knogler, Rainbach i. M.
Verfasser

Helmut Knogler (geb. 1949),
Labacher Straße 9,
4261 Rainbach i.M.

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